Sekundärluftsystem

Aus T4-Wiki
(Weitergeleitet von N112)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Funktion

Das Sekundärluftsystem (SLS) wird bei Benzinmotoren zur Einhaltung (verschärfter) Abgasnormen eingesetzt. Es wird in der Kaltstartphase dazu verwendet, die Abgasbestandteile HC und CO zu reduzieren und die Aufheizzeit des Katalysators und der Lambdasonde zu reduzieren. Erst wenn diese Betriebstemperatur haben, erfolgt die Verbrennung auch bezüglich der Emissionswerte optimal.

Bei diesem System wird, vom Motorsteuergerät in Abhängigkeit von der Motortemperatur gesteuert, Sekundärluft (Frischluft vom Luftfilter) von einem Gebläse durch eine Bohrung im Zylinderkopf und über einen Sekundärluftkanal hinter die Auslassventile geblasen. Diese Luft führt zu einer Nachverbrennung des Abgases, das in der Kaltlaufphase aufgrund des überfetteten Gemischs einen erhöhten Anteil an unverbrannten Kohlenwasserstoffen aufweist.

Funktionsprinzip
Prinzip Sekundärluftkanal

Das SLS besteht im Wesentlichen aus:

  • Sekundärluftpumpe mit Motor V101 (Sekundärluftpumpe), die die Sekundärluft fördert.
  • Relais J299 (Sekundärluftpumpe), das die Spannungsversorgung für den Motor V101 schaltet.
  • Sekundärlufteinblasventil Ventil N112 (auch Magnetumschaltventil genannt), das Unterdruck auf das Kombiventil 'schaltet', um den Luftweg zum Luftkanal im Zylinderkopf (abgasseitig) zu öffnen.
  • Kombiventil (auch Rückschlagventil), das, per Unterdruck von N112 angesteuert, den Luftweg zum Luftkanal im Zylinderkopf (abgasseitig) öffnet. Es verhindert in Ruhestellung, dass Abgase aus dem Motor Richtung Luftfilter und damit in die Umwelt gelangen können. Sobald Unterdruck angelegt wird, zieht eine Membran im Ventil einen Stößel mit Dichtung nach unten und öffnet so den Kanal für die Sekundärluft:
    Funktionsprinzip des Kombiventils
  • Schläuchen vom Luftfilter zur Pumpe und von dort zum Luftkanal im Zylinderkopf (abgasseitig).

Das Sekundärluftsystem wird grundsätzlich bei jedem Motorstart über das Motorsteuergerät aktiviert, wenn die Kühlmitteltemperatur unter 85°C beträgt. Liegt sie beim Start über +35°C wird das System allerdings nur zur Eigendiagnose im Leerlauf für 5 Sekunden und ca. 20 Sekunden nach dem Anlassen eingeschaltet. Bei einem richtigen Kaltstart wird es bei den 6-Zylindermotoren für 65 Sekunden und bei den 5-Zylindermotoren für ca. 100 Sekunden aktiviert.

Das SLS ist grundsätzlich nur bei T4 mit den 6-Zylindermotoren AES und AMV verbaut. Exportmodelle (wohl nur für den amerikanischen Markt, z.B. APL und AET) mit 5-Zylinder-Benzinmotor besitzen jedoch auch ein Sekundärluftsystem.

Einbauorte

Das nachfolgende Bild zeigt die Einbauorte der einzelnen Komponenten beim 6-Zylindermotor AES. Das Relais J299 befindet sich oberhalb der Relaisplatte der Zentralelektrik; es hat die Steuerungsnummer 53.

Übersicht SLS-Komponenten (AES)
Detailaufnahme SLS-Komponenten (AES)

Ausbau

Nachfolgende Information gelten zunächst nur für den 6-Zylindermotor AES.

Relais J299
Das Relais ist in eine Relaisfassung oberhalb der Relaisplatte gesteckt und kann einfach herausgezogen werden.

Ventil N112
Das Ventil ist mit einem Halter befestigt. Die Befestigungsschraube dient gleichzeitig der Befestigung der Sekundärluftpumpe an deren Halter. Zum Ausbau die Unterdruckleitungen und den Stecker abziehen, die Schraube (Innensechskant M6, 10 Nm) herausdrehen und das Ventil abnehmen.

Sekundärluftpumpe
Die Pumpe ist mit 3 Schrauben (Innensechskant M6, 10 Nm) inkl. Dämpfungsgummi und Unterlegscheibe an einem Halter befestigt. Zum Ausbau den Stecker abziehen und die Luftschläuche durch Zusammendrücken am Bund entriegeln und abnehmen. Das erfolgt von unten, wozu die Motorwanne abgebaut werden sollte.

Stecker und unterer Schlauch

Dann die Befestigungsschrauben herausdrehen und die Pumpe entnehmen.

Befestigungsschrauben

Kombiventil
Das Kombiventil ist mit 2 Schrauben (Innensechskant M6) auf einem Anschlussstutzen am Zylinderkopf befestigt. Zum Ausbau den Unterdruck- sowie den Luftschlauch abnehmen und die Schrauben herausdrehen. Die Dichtung zum Anschlussstutzen sollte grundsätzlich ersetzt werden.

Teilenummern

Teilenummer Bezeichnung Preis (2012)
021 959 253 B Sekundärluftpumpe AES ca. 480 Euro
021 131 101 A Kombiventil AES ca. 197 Euro
022 905 377 Sekundärlufteinblas-/Magnetumschaltventil AES ca. 35 Euro
06A 959 253 E Sekundärluftpumpe AMV
(ersetzt 06A 959 253 B)
ca. 380 Euro
022 131 101 F
ersetzt 06A 131 229 C
Kombiventil AMV ca. 132 Euro
1K0 906 283 Sekundärlufteinblas-/Magnetumschaltventil AMV
(ersetzt 1J0 906 283 B)
ca. 29 Euro


Schaltbild und Anschluss

Die Spannungsversorgung für die Sekundärluftpumpe erfolgt über das Relais J299, das bei Aktivierung Dauerplus direkt von der Starterbatterie auf die Pumpe schaltet. Modelljahrabhängig ist die Pumpe mit einer Sicherung oberhalb der Zentralelektrik (S130) oder mit einer Streifensicherung (SA1) in der Sicherungsleiste vor der Batterie abgesichert.

Schaltbild AES
Schaltbild AMV

Eigendiagnose, Prüfung und Störungen

Eigendiagnose

Das Sekundärluftsystem ist über das Motorsteuergerät diagnosefähig.

Fehlernummer
Beschreibung
00728 Sekundärluftsystem - defekt/Kurzschluss/Unterbrechung
01235 Sekundärlufteinblasventil - Kurzschluss/Unterbrechung
16795 Sekundärluftsystem - Durchfluss fehlerhaft
17829 Sekundärlufteinblasventil - Kurzschluss nach Masse
17830 Sekundärlufteinblasventil - Kurzschluss nach Plus
17832 Sekundärluftsystem - Leck
17840 Sekundärlufteinblasventil - Unterbrechung
17841 Relais für Sekundärluftpumpe - Unterbrechung
17842 Relais für Sekundärluftpumpe - Kurzschluss nach Plus
17843 Relais für Sekundärluftpumpe - Kurzschluss nach Masse

Prüfung

Es kann über das Motorsteuergerät eine Stellglieddiagnose eingeleitet werden, über die das Sekundärlufteinblasventil N112 und das Relais für die Sekundärluftpumpe J299 angesteuert werden.

Störungen

Nicht seltene Probleme sind abnormale Laufgeräusche der Sekundärluftpumpe oder gar ihr kompletter Ausfall. Grund dafür ist sehr häufig in das Pumpengehäuse eindringende Feuchtigkeit, die recht schnell zu Korrosion der Lager und zum 'Zerfressen' der elektrischen Komponenten (Kabel, Anschlüsse) der Pumpe führen.

Durch Feuchtigkeit zerstörte Pumpe
Durch Feuchtigkeit zerstörte Pumpe

Die Feuchtigkeit tritt entweder über die Saugseite (z.B. feuchter Luftfilter) oder - schlimmer - über die Krümmerseite als aggressives Abgaskondensat ein. Letzteres hat seine Ursache meist in einem Defekt des Kombiventils, das ja den Luftweg zum Abgaskrümmer nur bei Bedarf öffnen soll, oder eben seiner Ansteuerung durch das Ventil N112.
Bei einem Defekt der Sekundärluftpumpe ist daher zwingend eine Überprüfung des Luftfilters sowie des Kombiventils und in Folge ggf. ein Austausch dieser Komponenten erforderlich. Wird einfach nur die Pumpe ausgetauscht, läuft man Gefahr, dass diese innerhalb kurzer Zeit wieder beschädigt wird.

Das Kombiventil läßt sich auf einen Defekt hin wie folgt überprüfen:

  1. Luftschlauch vom Ventil zur Sekundärluftpumpe am Ventil abnehmen,
  2. Z.B. mit einem Finger prüfen, ab bereits dreckige Ablagerungen im Ventil auf der nun offenen Seite des Ventils vorhanden sind. Ist dies der Fall, ist es undicht und sollte schnellstens getauscht werden.

Der Ausfall des System kann im ungünstigen Fall dazu führen, dass sich Kondensat im Sekundärluftkanal zu den Auslassventilen im Zylinderkopf sammelt, das im Winter gefrieren und dabei den Zylinderkopf beschädigen kann.

Bohrung im Zylinderkopf

Ein defektes Kombiventil kann zudem zu Ruckeln des Motors führen. Dadurch, dass es immer geöffnet ist, wird beim Fahren Abgas durch das Kombiventil und durch die Pumpe bis in den Luftfilter gedrückt.

Spuren im Luftfilter

Das hat zur Folge, dass der Motor immer mit (sehr) schlechter Luft versorgt wird. Die Motor-Elektronik dürfte also immer am Rand der Sollwerte regeln.


Typische Auswirkungen einer Störung:

  • erhöhter Benzinverbrauch
  • erhöhte Emissionswerte

Typische Ursachen einer Störung:

  • Teil des Sekundärluftsystems defekt

Stilllegung

Grundsätzlich lässt sich das Sekundärluftsystem zwar stilllegen; z.B. durch Unterbrechen der Spannungsversorgung. Bei einer Stilllegung sind jedoch folgende Punkte zu beachten:

  • Die Emissionswerte werden sich in der Aufwärmphase des Motors ganz erheblich verschlechtern, weil es deutlich länger dauert, bis die Lambdaregelung einsetzt. Und mehr als 80% der Emissionen im Fahrzyklus entstehen im Zeitraum zwischen Kaltstart und Einsetzen der Lambdaregelung! Eine Stilllegung dürfte daher wohl auch bei einer Abgasuntersuchung auffallen. Dass zudem die Betriebserlaubnis erlöscht, sei am Rande erwähnt.
  • Die einfache Deaktiverung der elektrischen Komponenten durch Abziehen von Steckern wird Einträge in den Fehlerspeicher des Motorsteuergerätes zur Folge haben. Um diese zu vermeiden müssen die stillgelegten Komponenten z.B. durch elektrische Widerstände 'simuliert' werden.
  • Nach Stilllegung kann sich im Sekundärluftkanal im Zylinderkopf Kondensat sammeln, das im Winter gefrieren und dabei den Zylinderkopf beschädigen kann.