Freilauf (Syncro)
Funktion
Der Freilauf des Syncro-Allradantriebs dient dem Abschalten des Hinterachsantriebs im Schiebebetrieb und damit insbesondere auch beim Bremsen. Er ist grundlegende Voraussetzung für den Einsatz eines Anti-Blockiersystems, das die Bremswirkung aller Räder individuell regeln kann. Es handelt sich um einen klassischen, mechanischen Freilauf mit Klemmkörpern, der direkt über das von der Visco-Kupplung angetriebene Schaftkegelrad im Trieblingsgehäuse angetrieben wird. Der Freilauf wiederum treibt das Hinterachsdifferential über das Differentialgehäuse (Ausgleichgetriebegehäuse) an; der Freilauf ist mit diesem fest verbunden.
Damit der Allradantrieb auch beim Rückwärtsfahren funktioniert, was ja prinzipbedingt vom Freilauf verhindert wird, besitzt der Freilauf eine Sperre (Freilaufsperre). Diese wird elektro-pneumatisch automatisch aktiviert, wenn der Rückwärtsgang eingelegt ist. Bei der Aktivierung bewegt das Stellelement eine Schaltmuffe auf den Freilauf, die in Schaltzapfen am Freilauf greift. Dadurch wird eine formschlüssige Verbindung zwischen Schaftkegelrad und Differentialgehäuse hergestellt; der Freilauf wird so 'umgangen'.
Das Stellelement nutzt Unterdruck aus dem Unterdrucksystem des Fahrzeuges zur Betätigung der Schaltmuffe. Der Unterdruck wird über das im Stellelement verbaute Ventil N87 (Freilaufsperre) geschaltet. N87 wird vom Steuergerät J173 (Freilaufsperre) mit der Steuerungsnummer 87 (ggf. ersetzt durch 83) angesteuert, das den Schalter F4 (Rückfahrleuchte) sowie den Schalter F194 (Kupplungspedal) überwacht. Es handelt sich bei dem Steuergerät im Wesentlichen um 2 Relais in einem Gehäuse.
Das eine, angesteuert vom Schalter F4 (Rückfahrlicht), schaltet Spannung auf das Ventil N87 und aktiviert die Sperre. Das andere, angesteuert vom Schalter F194, unterbricht die Spannungsversorgung des Ventils, wenn der Rückwärtsgang nicht mehr eingelegt ist. Wird die Kupplung nach dem Einlegen des Rückwärtsgangs nicht mehr betätigt, bleibt die Freilaufsperre aktiviert, bis die Zündung ausgeschaltet wird!
Einbauort
Die mechanischen/pneumatischen Komponenten befinden sich am hinteren Achsantrieb. Das Ventil N87 ist im Stellelement untergebracht.
Das Steuergerät J173 ist hinter dem Heizungsbedienfeld bzw. hinter der Climatronic verbaut; bei älteren T4 bis 1995 eventuell aber auch oberhalb der Zentralelektrik.
Arbeiten am Freilauf
Stellelement für Freilaufsperre ausbauen
Hinweise:
- Sicherstellen, dass die Freilaufsperre deaktiviert ist (Zündung aus, ggf. Unterdruckanlage 'entleeren', Hinterräder vor- und zurückbewegen).
- Das Stellement verhakt sich beim Einbau mit einem Umlenkzapfen für die Betätigung der Schaltmuffe. Dies unbedingt überprüfen, weil die Freilaufsperre sonst nicht funktioniert.
- Rundschnurring ersetzen.
Werkzeug:
- Schlüssel/Einsatz für Sechskantschrauben M7
- Drehmomentschlüssel für o.a. Einsatz bis 15 Nm
Arbeitsschritte:
- Freilaufsperre deaktivieren.
- Stecker vom Stellelement abziehen.
- 4 Befestigungsschrauben (M7x20, 15 Nm) herausdrehen.
- Stellelement um 90 Grad nach unten drehen und herausnehmen sowie Unterdruckschläuche abziehen.
Wiederherstellung:
- O.a. Arbeitsschritte in umgekehrter Reihenfolge.
- Darauf achten, dass sich das Stellelement nach der 90 Grad-Drehung mit dem Umlenkhebel verhakt hat. Dazu das Stellelement für eine Sichtprüfung vorsichtig in der Einbaulage herausziehen.
Steuergerät für Freilaufsperre ausbauen
Das Steuergerät ist hinter der Heizungs-/Climatronic-Bedienung eingebaut. Diese zunächst ausbauen. Danach kann das Steuergerät aus der Halterung gezogen werden.
Freilauf zerlegen
Hinweise:
- Vor dem Zerlegen muss zunächst der Freilauf komplett mit dem Differential ausgebaut werden; siehe Artikel Achsantrieb (hinten).
- Das Sicherungsblech (02D 525 186 für ca. 7,20 Euro) sollte grundsätzlich ersetzt werden. Die Anlaufscheibe und die Schrauben mit Schaltzapfen können - bei gutem Zustand - wieder verwendet werden.
- Unbedingt auf die korrekte Einbaulage des Klemmkörperkäfigs und des Freilaufs in toto achten. Die plane Fläche des Außenrings (ohne Einkerbungen) zeigt zum Differential, ebenso die beschriftete Seite des Klemmkörperkäfigs mit dem Pfeil für die 'Freilauf-Richtung'.
Werkzeug:
- Schraubenzieher oder ähnliches Werkzeug zum Hebeln
- Schraubenschlüssel/Einsatz für Sechskant M10
- Drehmomentschlüssel für o.a. Einsatz bis 45 Nm
- Flächendichtmittel wie z.B. Loctite 510 ("harte, hochfeste, anaerobe Flächendichtung mit hoher Temperaturbeständigkeit")
- Schraubensicherungsmittel wie z.B. Loctite 262 ("anaerobe, mittel- bis hochfeste Schraubensicherung mit niedrigem Gewindereibbeiwert")
- Werkzeug zum Auftreiben des Sicherungsblechs wie z.B. VW 278B; möglicherweise kann man auch eine passende Nuss nutzen.
Arbeitsschritte:
- Laschen des Sicherungsblechs nach oben biegen und Sicherungsblech abhebeln.
- Schrauben mit Schaltzapfen herausdrehen und Anlaufscheibe abnehmen.
- Freilauf vom Differential z.B. mit einem Dorn abtreiben.
- Zum weiteren Zerlegen den Freilauf mit der im Bild gezeigten Seite (= Differentialseite) nach unten auf eine ebene Fläche legen.
- Innenring rechts drehend nach ohben herausziehen.
- Klemmkörperkäfig nach oben herausnehmen.Anmerkung: Die Klemmkörper fallen nicht heraus. Im Bild handelt es sich um einen Freilauf mit einigen zerstörten Klemmkörpern.
Wiederherstellung:
- Außenring wie oben beschrieben (Differentialseite unten) auf eine ebene Fläche legen.
- Klemmkörperkäfig von oben einsetzen. Die Klemmkörper dabei nach Bedarf nach innen drücken.
- Klemmkörper nach außen drücken.
- Innenring rechts drehend von oben einsetzen. Dabei auf die richtige Einbaulage achten: Beschriftung mit Pfeil nach unten.
- Freilauf durch Verdrehen des Innenrings testen:
- Rechtsdrehung: Freilauf ist offen.
- Linksdrehung: Freilauf ist geschlossen.
- Differentialseitige Fläche des Außenrings (wie auch die entsprechende Fläche des Differentialgehäuses) reinigen und mit Flächendichtmittel bestreichen.
- Freilauf ausrichten (Bohrungen) und auf das Differentialgehäuse aufsetzen.
- Anlaufscheibe auflegen.
- Gewinde der Schrauben mit Schaltzapfen mit Schraubensicherungsmittel bestreichen, eindrehen und - über Kreuz - mit 45 Nm anziehen.
- Sicherungsblech aufsetzen und mit entsprechendem Werkzeug über Kreuz auf den Sechskant der Schrauben auftreiben. Ggf. nacharbeiten, damit das gesamte Sicherungsblech plan aufliegt.
- Laschen des Sicherungsblechs um die Anlaufscheibe biegen.
Teilenummern
Teilenummer | Bezeichnung | Preis (2009) |
009 525 641 B | Stellelement für Freilaufsperre | ca. 96,50 Euro |
N 903 084 01 | Dichtring (Rundschnurring) 25x2,5 für Stellelement | ca. 0,70 Euro |
191 957 917 A | Steuergerät für Freilaufsperre | ca. 21,40 Euro |
02D 525 186 | Sicherungsblech für Freilauf | ca. 7,20 Euro |
02D 525 183 | Anlaufscheibe für Freilauf | ca. 12,60 Euro |
02D 525 181 A | Schrauben mit Schaltzapfen | ca. 6,70 Euro |
02D 525 607 A | Außenring für Freilauf (nicht DTY und DTZ) | ca. 194 Euro |
02D 525 607 C | Außenring für Freilauf (DTY und DTZ) | ca. 194 Euro |
02D 525 609 A | Innenring für Freilauf | ca. 97 Euro |
02D 525 601 B | Freilauf (Klemmkörperkäfig komplett) | ca. 194 Euro |
Schaltbild und Anschluss
Das nachfolgende Schaltbild zeigt alle Komponenten des Syncro-Antriebs inkl. Differentialsperre für T4 mit ABS. Da T4 ohne ABS keine Freilaufsperre besitzen, gibt es natürlich auch keine elektrischen Komponenten für den Freilauf.
Sobald die Zündung eingeschaltet ist und der Rückwärtsgang eingelegt wird, wird vom Steuergerät J173 Spannung von Kl.15 auf das Ventil N87 gegeben. Aufgrund der Selbsthaltebeschaltung des dafür zuständigen Relais in J173 wird N87 auch dann noch bestromt, wenn der Rückwärtsgang - ohne Betätigung des Kupplungspedals - abgewählt wird. Erst eine Betätigung des Kupplungspedal (bei abgewähltem Rückwärtsgang) trennt N87 wieder von Zündungsplus.
Pin-Belegung am Magnetventil (Differential eines AAB)
Eigendiagnose, Prüfung und Störungen
Eigendiagnose
Die Freilauf-Elektrik ist nicht diagnosefähig. Abhängig vom verbauten Motor kann jedoch die Kupplungspedalstellung über das Motorsteuergerät in Realzeit ausgelesen werden.
Prüfung
Der Freilauf kann wie folgt geprüft werden:
- Fahrzeug komplett anheben.
- Getriebe in den Leerlauf schalten und Handbremse lösen.
- Hinterräder vorwärts drehen:
- Räder müssen sich ohne Widerstand drehen lassen.
- Die Kardanwelle darf sich nicht mitdrehen.
- Hinterräder rückwärts drehen:
- Die Kardanwelle muss sich mitdrehen und die Vorderräder antreiben.
Die Freilaufsperre wird wie folgt geprüft:
- Motor einige Zeit (30-60 Sekunden) laufen lassen, damit Unterdruck für das Stellelement aufgebaut wird. Dann ausstellen.
- Fahrzeug anheben.
- Zündung einschalten und Rückwärtsgang einlegen. Die Sperre ist nun aktiv.
- Kupplungspedal treten und halten.
- Hinterräder von Hand vorwärts und rückwärts drehen:
- Beim Vorwärtsdrehen rastet die Freilaufsperre hörbar ein.
- In beiden Drehrichtungen dreht sich die Kardanwelle und treibt die Vorderräder an.
- Rückwärtsgang abwählen und die Freilaufsperre muss deaktiviert werden.
Störungen
Störungen können ihre Ursache im in unterschiedlichen Bereichen (Elektrik, Mechanik, Pneumatik) haben. Die Fehlersuche ist daher nicht ganz so trivial.
Bei der Fehlersuche sollte insbesondere die Elektrik des Kupplungspedalschalters F194 überprüft werden. Ist dieser defekt, bleibt die Freilaufsperre auch bei abgewähltem Rückwärtsgang aktiviert!
Typische Auswirkungen einer Störung:
- Freilaufsperre wird nicht aktiviert oder bleibt dauerhaft aktiviert.
Typische Ursachen einer Störung:
- Elektrische Probleme mit den Schaltern F4 (Rückfahrlicht) und F194 oder deren Verkabelung
- Defekt des Ventils N87 oder der Unterdruckanlage
- mechanischer Defekt des Freilaufs oder Sperrmechanik