Bordnetz

Aus T4-Wiki
(Weitergeleitet von Bordelektrik)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Definition

Als Bordnetz oder Bordelektrik wird in T4-Wiki die Gesamtheit aller elektronischen und elektrischen Komponenten (inkl. Verkabelung) im Fahrzeug bezeichnet.

Sind Sie auf diese Seite gekommen, weil Sie Informationen zu dem 'Sicherungskasten', Relais oder Steckern auf der Fahrerseite suchen, gehen Sie bitte zum Artikel Zentralelektrik.

Problematik

Aufgrund der Vielzahl von unterschiedlichen Verbrauchern (ohmsche und induktive Verbraucher), die häufig unabhängig voneinander angesteuert werden, zeigt sich das Bordnetz entgegen der landläufigen Meinung nicht als elektrisch 'saubere Umgebungen' mit einer stabilen Spannung und ohne Störimpulse. Tatsächlich schwankt die Spannung trotz intakter Batterie sehr stark zwischen Werten ab ca. 8 Volt (beim Anlassen) bis über 14 Volt beim Fahren, wenn die Lichtmaschine arbeitet. Zusätzlich wird es durch mehr oder weniger lange Störimpulse, Spannungsspitzen mit bis zu einigen 100 Volt und sogar negativen Spannungen 'verunreinigt'.

Testimpulse

Zur Verdeutlichung eine Auflistung von Testimpulsen, die ein Kfz-Bauteil gamäß ISO 7637 und DIN 40839 aushalten muss (Quelle: de.sci.electronics-FAQ):

  • Impuls 1: -100 V, Anstiegszeit 1 µs, Dauer 2 ms, Innenwiderstand 10 Ohm, Wiederholrate 0,5 bis 5 s, Prüfdauer 5000 Impulse.
  • Impuls 2: +100 V, ansonsten wie Impuls 1.
  • Impuls 3a und 3b: Impulspakete aus Impulsen mit -150 V (3a) bzw. +100 V (3b), mit Anstiegszeit 5 ns, Dauer 0,1 µs, Innenwiderstand 50 Ohm, Wiederholrate 100 µs, Paketdauer 10ms, Pause zwischen Paketen 90 ms, 1 Stunde Prüfdauer.
  • Impuls 4: -7 V über 20 Sekunden
  • Impuls 5: 40-400 ms langer Puls von 40-100 V mit 0.1-10 ms Anstiegszeit, Innenwiderstand 0.5-4 Ohm


Schutz der Elektronik

Üblicherweise benötigen die rein elektrischen bzw. elektromechanischen Verbraucher (Glühbirnen, Relais, Elektromotoren) wegen ihrer 'elektrischen Trägheit' keine besondern Schutzeinrichtungen für den Betrieb im Fahrzeug. Bei den elektronische Schaltungen (z.B. Steuergeräte) sieht das ganz anders aus, weswegen in diesen entsprechende Schutzschaltungen integriert sind. Aufgrund ihrers Funktionsprinzips schützen sie damit teilweise sogar andere Geräte parasitär, die ans Bordnetz angeschlossen sind.

Eine gängige Schutzbeschaltung für Elektronik im Fahrzeug sieht bezüglich der Spannungsversorgung prinzipiell so aus:

Schutzbeschaltung der Spannungsversorgung

Die wesentlichen Komponenten sind (von rechts nach links):

  • C1, ein Elektrolyt-Kondensator, der eingangsseitige Spannungseinbrüche überbrückt.
  • D1, eine schnelle Überspannungsschutzdiode (auch "Transient Voltage Suppressor"-Diode = TVS-Diode genannt), die Überspannung vor der eigentlichen Spannungsregelung nach Masse ableitet. Typische Vertreter sind Dioden vom Typ P6KExx oder 1,5KExx (xx für die Spannung).
  • L1, eine Spule (Entstördrossel), die Nadelimpulse hemmt, die nicht vom Elko C1 geglättet werden und die der Spannungsregler nicht mehr ausregeln kann. Typische Werte liegen in der Größenordnung von 47 µH bei einer auf die Schaltung abgestimmten Strombelastberkeit.
  • F1 eine Sicherungen, die auch dem Schutz der Überspannungsschutzdiode dient, weil diese bei längeren Überspannungen überhitzen kann. Typische Werte für die Sicherung liegen abhängig vom Strombedarf der Schaltung im Bereich von 1 bis 3 A.


Empfindliche Eingänge von Bauteilen (z.B. µC, CMOS-Gatter) lassen sich recht gut mit 2 Widerständen und einem Kondensator in der gegebenen Dimensionierung sowie den üblicherweise bei diesen Bauteilen intern vorhandenen Eingangsschutzdioden schützen. Sind diese Dioden nicht vorhanden, kann man welche mit geringem Spannungsabfall hinter R2 anschliessen (D1 und D2):

Schutzbeschaltung der Eingänge

Die nachfolgende Zeichnung zeigt eine µC-Eingangsbeschaltung, wie sie auch in den Selbstbau-Steuergeräte in T4-Wiki genutzt wird. Sie begrenzt den Strom in den µC-Eingang auf unter 1 mA (Limit der integrierten Schutzdioden) bei Überspannung bis ca. 1.000 V (bei 50 µs Dauer).

Schutzbeschaltung der Eingänge


Fahrzeugleitung

Für den Einsatz im Fahrzeug sind geeignete Leitungen/Kabel zu verwenden. Diese müssen insbesondere eine ausreichend temperaturfeste Isolierung sowie eine ausreichende Flexibilität (feinstdrahtiger Aufbau, Litze) besitzen. Typische Fahrzeugleitungen sind solche mit der nachfolgenden Kennzeichnung:

Kennzeichnung Temperaturbereich [°C] Norm Bemerkung
FLY (auch FLK) -40 bis 85 ISO 6722 Klasse A -
FLYW -40 bis 105 ISO 6722 Klasse B wärmebeständig
FLRY -40 bis 105 ISO 6722 Klasse A und B isolationsreduziert


Leitungsdimensionierung

Bei der Dimensionierung des Querschnitts von Leitungen im Kfz sind grundsätzlich 2 Punkte zu berücksichtigen:

  • der zulässige Spannungsverlust auf der Leitung
  • die zulässige Erwärmung der Leitung


Zulässiger Spannungsabfall

Der zulässige Spannungsabfall ist vom Verwendungszweck der Leitung abhängig und liegt im Bereich von 0,1 V (schwach belastete Leitung von einem Schalter zu einem Verbraucher) über 0,4 V (Leitung LiMa - Batterie) bis 1,5 V (Steuerleitung für Anlasser (Kl.50)). Für eine möglichst hohe Betriebssicherheit sollte man die Leitungen auf einen Spannungsabfall < 0,5 V hin dimensionieren.

Der Spannungsverlust errechnet sich aus dem Gesamtwiderstand der Leitung und dem maximalen Strom auf der Leitung:

U = I * R = I * ρ * lng / A

  • U: Spannung [Volt]
  • I: Strom [Ampere]
  • R: Widerstand [Ohm]
  • ρ: spezifischer Widerstand [Ohm * Quadratmillimeter / Meter], 0,0175 für typisches Kfz-Kabel
  • lng: Länge [Meter]
  • A: Leiterquerschnitt [Quadratmillimeter]

Bei der Leitungslänge ist die Ausführung der Masse des mit der Leitung angeschlossenen Verbrauchers zu berücksichtigen. Ist dieser über die Karosserie mit Masse verbunden (kein eigener Rückleiter), kann mit der einfachen Leitungslänge gerechnet werden, weil die Karosserie als Rückleiter mit einem gegen 0 gehenden Widerstand angenommen werden kann. Wird die Masse dagegen über die Leitung zum Verbraucher geführt, muss mit der doppelten Leitungslänge gerechnet werden.

Beispiel: an einem 4 m langen Kabel mit 2,5 qmm Querschnitt fällt bei 15 A eine Spannung von 15 * 0,0175 * 4 / 2,5 = 0,42 V ab.

Zulässige Erwärmung

Die zulässige Erwärmung der Leitung ist im Wesentlichen vom Strom, dem Leitungsquerschnitt, dem Leitermaterial sowie der Verlegeart abhängig. Für einadrig verlegte, isolierte Kfz-Einzelleitungen werden häufig folgende Werte für die Belastbarkeit genannt, die in etwa den DIN-Werten für Hausinstallationen entsprechen:

Querschnitt A [mm²] Stromstärke I [A]
1 20
1,5 25
2,5 34
4 45
6 57
10 78
16 104
25 137
35 168
50 210


Kurzzeitig kann eine Leitung allerdings deutlich stärker belastet werden. In der einschlägigen Literatur findet man Angaben bis 30 A/qmm. Eine Leitung mit einem Querschnitt von 6 qmm kann dem entsprechend kurzzeitig mit bis zu 180 A belastet werden.

Berechnung

Für die Dimensionierung des Leitungsquerschnittes muss der Spannnngsabfall auf dem Leiter und die zulässige Belastbarkeit des Leiters berücksichtigt werden. Es ist der größere Wert zu nutzen, der wiederum auf den nächst größeren Norm-Querschnitt aufzurunden ist.

Beispiel: Es soll eine 6 m lange Leitung für einen Strom von 15 A bei einem maximalen Spannungsabfall von 0,5 V dimensioniert werden.
Wird nur die Strombelastbarkeit betrachtet, so ist ein Leiterquerschnitt von 1 qmm ausreichend. Aus dem Spannungsabfall ergibt sich jedoch ein erlaubter Leitungswiderstand von 0,033 Ohm. Der erforderliche Querschnitt errechnet sich dann zu A = ρ * l / R = 3,15 qmm. Es ist also eine Leitung mit einem Querschnitt von 4 qmm zu nutzen.

Zur Berechnung des erforderliche Leitungsquerschnitts zur Übertragung einer vorgegebenen elektrischen Leistung kann die folgende, konservative Formel genutzt werden, die z.B. im Wohnmobilbereich Anwendung findet:

A = 0,0175 * lng * P / (fk * U²)

  • A: Leiterquerschnitt [Quadratmillimeter]
  • lng: Länge [Meter]
  • 0,0175: spezifischer Widerstand [Ohm * Quadratmillimeter / Meter] für typisches Kfz-Kabel
  • P: im Kabel übertragenen Leistung (Spannung [Volt] * Strom [Ampere])
  • fk: Verlustfaktor (0,03)


Beispiel: Eine 6 m lange Leitung, die für einen Strom von 15 A bei 12 V ausgelegt sein soll, muss demnach einen Leitungsquerschnitt von 0,0175 * 6 * 180 / (0,03 * 12²) = 4,38 qmm. Dies wird ggf. auf den nächst größeren Norm-Querschnitt 6 qmm aufgerundet.

Dimensionierung der Kabel für die Zweitbatterie

Teilweise werden in den T4-Foren astronomische Kabelquerschnitte (25 qmm) für die Leitung zwischen den Pluspolen der Starter und Zweitbatterie genannt. Gleichzeitig wird bemängelt, dass VW ab Werk 'nur' eine Leitung mit 6 qmm verbaut hat.

Bei einer angenommenen Leitungslänge von 3 m verträgt diese Leitung bei 14 V aber immerhin I = A * (fk * U²) / (lng * 0,0175 * U) = 48 A dauerhaft, was in etwa der Belastbarkeit des verbauten Trennrelais entspricht. Der Spannungsabfall beträgt bei diesem Strom lediglich 48 * 0,0175 * 3 / 6 = 0,42 V. Und da der Ladestrom mit abnehmender Spannungsdifferenz ebenfalls abnimmt, ist eine hinreichende Aufladung der Zweitbatterie selbst dann gegeben, wenn die Zweitbatterie während des Ladens mit einem größeren Verbraucher belastet wird. Wird z.B. eine Wasserstandheizung (insgesamt ca. 10 A) 'parallel' betrieben, so liegt der Spannungsabfall nahe der Ladeschlussspannung (Annahme: 2 A Ladestrom) nur bei vernachlässigbaren 0,1 V. Eine 25 qmm-Leitung würde den Spannungsabfall zwar auf 0,02 V reduzieren. Aufwand und Nutzen stehen aber in keinem sinnvollen Verhältnis zueinander.

Wer jedoch dauerhaft (noch) größere Verbraucher an der Zweitbatterie betreiben will, muss Leitungen mit qrößerem Querschnitt verlegen, damit die Zweitbatterie noch vernünftig geladen werden kann. Parallel dazu muss dann natürlich auch das Trennrelais durch ein belastbareres ersetzt werden.

Absicherung

Grundsätzlich sollten alle Verbraucher (ggf. in Gruppen) über eine Sicherung mit der Spannungsversorgung verbunden werden. Die Sicherung verhindert bei einem Defekt, der einen Kurzschluss zur Folge hat, dass die Verkabelung des Verbrauchers überlastet wird und sich - im schlimmsten Fall - entzünden kann.

Die Sicherung muss auf den Strombedarf des Verbrauchers und die Strombelastbarkeit der Versorgungskabel hin dimensioniert werden. Dabei muss die Auslösecharakteristik der Sicherung berücksichtigt werden, denn typische Kfz-Sicherungen lösen in der Regel nicht schon beim auf der Sicherung angegebenen Nennstrom aus, sondern erst bei teilweise deutlich höhereren Werte und/oder erst nach längerer Überlastung bis in den Stundenbereich.

Bei üblichen Kfz-Flachsicherungen bis 40 Ampere kann man vom folgenden Auslöseverhalten ausgehen:

Auslösestrom min. Auslösezeit max. Auslösezeit
1,1 x Nennstrom 100 Std -
1,35 x Nennstrom 0,75 s 30 min
2,0 x Nennstrom 0,15 s 5 s


Bei den höher belastbaren Streifensicherungen können die Auslösezeiten erheblich über den o.a. Werte liegen.

Weblinks